Nigel Kennedy - SHMF

30 Jahre SHMF und kein bisschen w(l)eise
Eine Erfolgsgeschichte auch auf den Nebenschauplätzen

Vor 30 Jahren rief der legendäre Justus Frantz das SHMF ins Leben und nicht zuletzt auch aufgrund des berühmten Ziehvaters, des amerikanischen Komponisten, Pianisten und Dirigenten Leonhard Bernstein gelangte das SHMF binnen kürzester Zeit zu anhaltendem Weltruhm. Gerade in den Anfangsjahren wurden wichtige Kontakte zur kulturbegeisterten Bevölkerung des Landes geknüpft, die das Festival als gesellschaftliches Ereignis bis heute mit hohem persönlichen Einsatz unterstützt.

Leonard Bernstein wirkte intensiv im seinerzeitigen Herzstück des Festivals, dem Schloss Salzau, beherbergt und wohl behütet von der Familie von Reventlow auf Gut Wulfshagen. Hier und gerade im weitläufigen Kieler Umfeld bildeten sich vornehme Freundeskreise zu offiziellen Beiräten, die mit traditionell gepflegter Manier für eine wohltuend verbindende Gastlichkeit auf den von ihnen begleiteten Veranstaltungen sorgten und bis heute sorgen, wie zuletzt erlebt bei dem Klavierkonzert von András Schiff in Kiel. Nach mehrjähriger Beobachtung lässt sich hierbei feststellen, dass dieser besondere "Spirit" des Festivals vor allem bei den Konzerten im Kieler Schloss zu erleben ist, während am Sitz des Festivals in Lübeck, wie zum Beispiel bei Konzerten in der MuK, vielmehr elitär unterkühlte Distanz ausgestrahlt wird. Es wäre zu schön, wenn die besondere Atmosphäre aus dem Umfeld Kiels erhalten bliebe und eines Tages sogar in den Lübecker Bereich einziehen könnte.

Musikfest auf dem LandeMusikfest auf dem Lande

Anfangs wurden in Kirchen, Kuhställen, Scheunen und Reithallen zunächst nur "seriöse" klassische Konzerte gegeben, aber nach und nach gesellten sich gerade in jüngster Zeit moderne Mammutkonzerte bis in die großen Sporthallen des Landes wie den Holstenhallen von Neumünster oder der Sparkassen-Arena in Kiel hinzu. Nicht zu vergessen sind unter anderem die Werfthallen im Niendorfer Hafen oder die Kulturwerft Gollan in Lübeck. Im Grunde sind dies vom bisherigen Konzertbetrieb her Nebenschauplätze für bisher untypische Festivalbesucher. In diesem Jahr waren es Nigel Kennedy, Mariza, die besonders lautstark und schrill auftretende französische Chanson-Pop-Sängerin ZAZ, die A-Cappella-Gruppe Basta, das Filmkonzert E.T. und die Pop-Sängerin Sophie Hunger, die eher das jüngere Publikum anzogen und die Hallen mit bis zu rund 5.000 Besuchern füllten.

Roger Cicero - SHMFRoger Cicero - SHMF

Die fast unzählbaren Aufführungsorte sind beliebig, die Künstler hoffentlich nicht. Noch herrscht ein weit verbreiteter Vertrauensvorschuss in die vom SHMF ausgewählten Konzerte, aber hier und da waren auch enttäuschte Stammgäste zu beobachten. So wurde die von mehr als 1.000 Gästen besuchte Gruppe Basta in der Niendorfer Evers-Werft von allen befragten Besuchern als unerträglich albern und peinlich bezeichnet. Mancher dieser Stammgäste ging in der Pause und wird sich für die Zukunft vom dortigen Festival-Angebot wohl verabschieden. Ein Lübecker Blatt hat dieses Konzert zum Ärger der Leser gleichwohl artig "bejubelt", aber es ist ein Riss in der Erfolgsgeschichte. Experimente mit diversen Künstlern sind grundsätzlich zu begrüßen, sollten zum Wohle der Veranstaltungsorte und Gäste aber nicht die Schmerzgrenzen überschreiten, wie zum Beispiel auch bei dem Duo Igudesman und Joo in der Lübecker Kulturwerft Gollan.

Nils Landgren und Musiker - Jazz BalticaNils Landgren und Musiker - Jazz Baltica

An dieser Stelle fragt sich der geneigte Konzertbesucher aber auch, ob die durch Leonhard Bernstein, Justus Frantz, Christoph Eschenbach und viele wohltätige Unterstützer geprägte Ära des SHMF nicht längst von einem ehrgeizig kalkulierenden Management abgelöst worden ist. Fraglich ist auch, ob der biologisch zwangsläufige Generationswechsel seine Spuren hinterlässt und den an sich schönen Charakter der Veranstaltungen kommerziell verwässert. Die diesjährige Gästezahl von rund 151.000 ist überwältigend, aber mit einer wachsenden Größe wird bekanntlich nicht immer alles besser. Der Finanzplan muss stimmen, klar, die Qualität und das Wohlbefinden auch. Flächendeckend schmücken sich unzählige Kommunen in Schleswig-Holstein gern mit dem SHMF und gehen dafür hohe Selbstbeteiligungen ein. Ganz früher galt allgemein mal der Grundsatz: "Wer die Musik bezahlt, darf auch bestimmen, was gespielt wird." Das ist hier organisatorisch vielleicht schwierig, aber umso mehr verdienen die Orte hohe Anerkennung und Respekt.

Mit dem Jahr 2002 hat sich auch die Jazz Baltica unter der aktuellen Leitung von Nils Landgren unter dem großen Dach des SHMF eingefunden. In jedem Jahr finden schon im Frühsommer drei große Jazztage in der Niendorfer Werfthalle statt, die völlig zu Recht immer vorzeitig ausgebucht sind. Es empfiehlt sich, rechtzeitig schon im Frühjahr in die Programme für das Jahr 2017 zu schauen und zu buchen. Das gilt auch für die Sommerkonzerte, die sich im kommenden Jahr schwerpunktmäßig dem französischen Komponisten Maurice Ravel widmen werden.


Fotos: Hildegard Przybyla


Kommentare  

# Unsäglicher Beitrag, unsägliche AutorinGerd Oder (12.09.2016, 16:12)
Sehr geehrte Frau Przybla,

nach Lesen des Artikels frage ich mich, ob Sie nicht deutlich ihren Beruf verfehlt haben. Mit diesen unfundierten und unreflektierten Aussagen zur Qualität des Festivals erscheint mir dies so.
Insbesondere undifferenzierte Aussagen wie "von allen befragten Besuchern als unerträglich albern und peinlich bezeichnet" lassen ihre journalistische Kompetenz in schlechtestem Licht erscheinen.
Natürlich steht es einem Kritiker frei seine eigene Einschätzung mitzuteilen. Diese nun nebulös in eine gefühlte und bewusst tendenziöse "Umfrage" zu verpacken geht deutlich über schlechten Stil hinaus.
Das überschreitet nicht nur meine Schmerzgrenze!
Ich werde dem Festival weiterhin die Treue halten und empfinde die stilistische Bandbreite als sehr bereichernd.

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