Es waren nicht viele, die sich vergangenen Dienstag durch „die wüste Stadt“ (Mulo Francel in einer seiner launigen Anmoderationen) auf den Weg ins Kolosseum gemacht hatten. Dabei war im Foyer zu vernehmen, dass unter den wenigen sogar Fans von weit her die Reise auf sich genommen hatten, um das Quintett, bestehend aus Mulo Francel (Saxophone und Klarinetten), D.D. Lowka (Bass und Percussion), Andreas Hinterseher (Akkordeon) Philipp Schiepek (Gitarre) und Tim Collins (Vibraphon) zu erleben.
Die Lübecker Philharmoniker haben es sich in ihrem 4. Sinfoniekonzert nicht leicht gemacht. Die zwei Werke, anfangs Dmitri Schostakowitschs erregende 1. Violinkonzert in a-Moll und im zweiten Teil die klangmächtige 1. Sinfonie von Gustav Mahler in D-Dur, der der Komponist den Beinamen „Titan“ gab, fordern alle heraus, die Interpreten und die Zuhörer. Eine Woche vor Weihnachten sind diese Werke kein friedliches Vorbereiten auf eine Zeit, das den Christen immer noch als ihr höchstes Fest gilt. Es ist eher eines mit einem Programm, das nachdenklich macht, das wegführt von der Illusion von Friede und Freude. Es brachte eine andere Botschaft.
Wer es noch nicht mitbekommen hat, dem wurde am letzten NDR-Konzertabend wieder bewusst, dass der NDR zwei Orchester unterhält, jedes mit eigenen Ansprüchen. Seitdem vor 29 Jahren die MuK fertig war, waren es die NDR Elbphilharmoniker, die achtmal pro Saison auftraten. In dieser und in der Saison davor aber haben sie ihr Konzertangebot in Lübeck um ein Viertel verschlankt. Freilich hat der NDR zwei Abende nicht einfach gestrichen, sie wurden nur überraschend den NDR Radiophilharmonikern aus Hannover überlassen.
Erst zieht es sich hin, bis der Support John Moods und seine beiden musikalischen Mitstreiter/innen die Bühne mit einem beherzten „Hello“ singend betreten. Der deutsch-polnische Sänger/Gitarrist und seine Begleitung aus Flötistin und weiterer Akustikgitarre scheinen irgendwie auf Glückspille zu sein.
Man kann nicht umhin: Zwei Sinfoniekonzerte in der MuK im Abstand von nur drei Tagen zwingen zu einem Vergleich. Am Sonntag und Montag spielten die Lübecker Philharmoniker auf, am Donnerstag, es war der 30. November 2023, saßen die NDR-Radiophilharmoniker aus Hannover auf dem gleichen Podium.
Viel Herausragendes hat der Konzertbesucher der Lübecker Philharmoniker in den ersten beiden Programmen dieser Saison schon zu hören bekommen. Und auch das dritte (26. und 27. November) war wieder auf feine Art gestaltet und bot zudem zwei außergewöhnliche Gäste und den hochgeschätzten Klang der Klarinette im Zentrum.
Nach der Pandemie-Pause sowie der Club-Edition im letzten Jahr konnte dieses Jahr das wunderbare und beliebte Post-Genre-Jazz-Festival erstmalig wieder seit 2019 auf Kampnagel in Hamburg stattfinden. Zwar war das Programm in nur noch 3 Hallen mit insgesamt 21 Acts deutlich abgespeckt, aber die geringere Quantität sollte dabei nicht unbedingt mit geringerer Qualität gleich gesetzt werden. Dafür war das Programm am Freitagabend einfach zu frech, zu jung und zu divers.
Schon so manches Programm auserlesener Art haben die Lübecker Philharmoniker serviert, im zweiten ihrer Sinfoniekonzerte dieser Saison (22. und 23. Oktober 2023) aber eines der ganz besonderen Finesse.