Saya Komine (Frau in Weiß)

Theater Kiel setzt in Lübeck Glanzpunkt mit Prokofjews Ballett „Romeo und Julia“

Wieder einmal macht das Kieler Theater den Lübeckern bewusst, wie sehr hier das Ballett vermisst wird. Das zeichnet sich besonders ab, weil der Kieler Choreograph Yaroslav Ivanenko dank seiner Truppe Beachtliches auf die Füße stellt.

Dreimal bereits konnte man in Lübeck verschiedene Versionen dieses Themas erleben. Bellinis Oper, Leonard Bernsteins Musical und jetzt das Ballett. Bewusst hat sich Ballettchef Ivanenko von der Urform abgesetzt, er lehnt sich in seiner Auffassung stark an den 1968 entstandenen Zefirelli-Film, der auch die Liebe in den Mittelpunkt des Geschehens stellt. Die Frau in Weiß hinterlässt einen starken Eindruck, quasi als Todesengel, so hat man ein einmaliges Erlebnis.

Ivanenko kann die Schule von Neumeier nicht verleugnen und lässt alle Ideen bestens zur Geltung kommen, weil er über ein hervorragendes Solopaar und einwandfrei geschultes Corps de Ballet verfügt. Man erlebt Ballett in seiner schönsten Form.

Balkiya Zhanburchinova tanzt eine Julia, wie man es kaum besser erleben kann. Federleicht schwebt sie über die Bühne und im Pas de deux werden Hebefiguren zelebriert, die schon ans Artistische grenzen. Ihr zur Seite Amilcar Moret Gonzalez als Romeo. Ein maskuliner Tänzer mit viel Empathie. Große Körperbeherrschung und einfühlsame Mimik zeichnen ihn aus.

Shizuru Kato (Tanzlehrer),  Balkiya Zhanburchinova (Julia)Shizuru Kato (Tanzlehrer), Balkiya Zhanburchinova (Julia)

Die beiden Freunde Mercutio (Shori Yamamoto) und Benvolio (Shizuru Kato) setzen weitere Höhepunkte. Sie verfügen über eine Sprungkraft, die außerordentlich ist. Den von Julia verschmähten Graf Paris tanzt Didar Sarsembayev, der schauspielerische Talente aufweist. Die Amme der Viola Crocetti-Gottschall, der Tanzlehrer (Shizuru Kato) und das Ehepaar Kritzinger als Eltern der Julia runden das Tanzerlebnis ab. Nicht zu vergessen, die Frau in Weiß von Saya Komine – noch etwas Besonderes.

Die Ausstattung von Heiko Mönnich ist minimalistisch, aber stimmig. Die Balkonszene erinnert sehr an die Lübecker West-Side-Story.

Ryusuke Numajiri am Pult scheint nicht so balletterfahren. Oper und Tanz sind eben zweierlei.


Fotos: (c) Olaf Struck

Helga Rottmann
Helga Rottmann
Immer wieder musste der Großvater dem Kind "Kennst Du das Land, wo die Zitronen blüh'n" aus "Mignon" vorsingen. Das zielte auf ein Gesangsstudium. Dennoch der Wechsel zur schreibenden Zunft. 15 Jahre Kultur-Redakteurin bei einem Lübecker Blatt. Schreibt seit 2012 für "unser Lübeck". Schwerpunktthemen: Oper, Operette, Musical, SHMF.

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